Als ich meinen erstgeborenen Sohn vor acht Jahren in Berlin in einem wunderbaren Geburtshaus zum ersten Mal im Arm halten durfte wusste ich noch nicht, dass ich einmal selbst ein Geburtshaus gründen werde.
In diesem Moment zählte nur diese Einheit von unserem Kind, meinem Mann und mir. Die begleitende Hebamme war dabei, unterstütze uns, zeigte mir aber auch, dass ich die Geburt mache. Ich fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben wie die stärkste Frau der Welt, als gäbe es keine Hindernisse, eine Löwenmutter, die Alles bezwingen kann. Dieses Gefühl von Stärke und Selbstliebe gepaart mit der unendlichen Liebe zum Leben, der Natur und dann dieses unglaublich starke Gefühl für seinen kleinen Neuankömmling ist es, was mich immer noch begleitet. Dieses anhaltende Gefühl von „Ich kann alles Schaffen“ bewegte mich auch hier in der Uckermark einen Ort zum Gebären zu erschaffen.
In der bunten, lauten und wilden Großstadt wünschte ich mir vor allem während des Wochenbetts und in den Tagen vor der Geburt mehr Ruhe, Einklang mit der Natur und Entspannung.
Der Hof ist ein Ort an dem man sich wunderbar zurückziehen kann. Das Grundstück liegt direkt am Waldrand und lädt ein nach Draußen, die gemütlichen Räume auch zum Verweilen Drinnen. Der Geburtsraum fühlt sich warm und gemütlich an, wie eine schützende Höhle, fernab von allem Stress.
Die Geburt eines Kindes bedarf Zuwendung, Zeit, Vertrauen und Geduld.
Der größte Unterschied zu einer Klinikgeburt ist das Betreuungsverhältnis. Durch die 1:1 Betreuung im Geburtshaus kann die nötige Zuwendung und Zeit aufgebracht werden, die jede Frau verdient. Dabei achte ich das Selbst-und Mitbestimmungsrecht der Frauen. Alle zur Geburt angemeldeten Frauen werden während der Schwangerschaft bereits durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen begleitet und es entsteht ein Band des Vertrauens zwischen Hebamme, Schwangeren und Familie. Die Hebamme kennt die Frau und ihre individuelle Situation mit dem Schwangerschaftsverlauf, die medizinische, psychosoziale und familiäre Situation. Auch Gründe für die Notwendigkeit einer Klinikgeburt werden während dieser Zeit ausgeschloßen. Falls es jedoch notwendig wird die Geburt in einer Klinik durchzuführen, kann die Hebamme, falls erwünscht dort weiter betreuen.
Natürlich ist auch der Sicherheitsfaktor ein wichtiger Punkt, der jede Familie beschäftigt. Meiner Meinung nach ist eine gesunde Frau mit einem gesunden Kind in ihrem Bauch bei einer außerklinischen Geburt ganz genauso sicher und gut aufgehoben wie in der Klinik. Meine These wird von einigen wissenschaftlichen Studien belegt, denn sie haben aufgezeigt, dass eine von Hebammen geleitete Geburt zuhause oder im Geburtshaus genauso sicher ist wie eine Geburt in der Klinik. (Nationalfondsstudie aus der Schweiz 1993: http://www.geburtsstaette.ch/sicher.drucken.html , CMAJ Reserach Studie aus Holland 2009)
Die englische Gesundheitsbehörde NHS (National Health Service) zeigt in ihren Richtlinien (NICE Guideline 190, 2015) sogar auf, dass eine von Hebammen geleitete außerklinische Geburt für gesunde Schwangere sicherer ist, da sie deutlich weniger medizinischen Interventionen ausgesetzt ist als in den Kliniken. Daher empfiehlt Sie allen gesunden Frauen mit einer physiologischen Schwangerschaft zu Hause oder im Geburtshaus zu gebären.
Als Hebamme bin ich stille Beobachterin aus dem Hintergrund, die das Wunder der Geburt aufmerksam mitverfolgt und immer da ist, wenn sie gebraucht wird.
Interventionen setze ich nur ein, wenn es die medizinische Situation erfordert. Sie werden immer klar und deutlich kommuniziert. Meist sind diese Eingriffe Teil der traditionellen Hebammenkunst und beinhalten sanfte Methoden wie Wärme, Stütze in Form von Wickel, Massagen, Bäder und Tees.
Natürlich achte ich die Grenzen der außerklinischen Geburt und das Geburtshaus arbeitet eng mit den umliegenden Kliniken in Templin und Eberswalde zusammen. „Geburt wird dann zu einer sicheren, wenn wir Hebammen aufmerksam geschehen lassen – im Bewusstsein, jederzeit bei Komplikationen handeln zu können und im Wissen, dass gesunde Frauen aus eigener Kraft ihre Kinder gebären können.“ dieser Leitsatz einiger außerklinisch arbeitenden Kolleginnen aus der Schweiz fasst für mich sehr gut zusammen, was die wichtigen Aufgaben der Hebamme beinhalten.
Wenn das Kind geboren ist, lass ich der Familie Zeit erst einmal anzukommen. Gemeinsam trocknen wir das Baby mit warmen, weichen Tüchern ab und jede Mutter darf sich ihr Kind selbst auf die Brust holen. Auch in dieser Zeit bin ich stiller Beobachter und darf diesen zauberhaften Moment miterleben. Sobald die Geburt beendet ist (mit Geburt der Nachgeburt) darf die Familie erst einmal einen Moment alleine ankommen, ihr großes Glück genießen und hat Zeit sich kennen zu lernen. Nach einer Stunde Haut-zu-Haut Kontakt wird dann die Erstuntersuchung im Beisein der Eltern durchgeführt.
Für mich sind Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach ganz natürliche Vorgänge auf dem Lebensweg die durch eine einfühlsame und professionelle Betreuung gestärkt werden können. Die ganzheitliche Unterstützung in dieser Zeit soll nicht nur die Frau, auch Ihre Begleitung, Familie und den Kindern helfen ihren eigenen Weg zu finden auf dieser wunderbaren und aufregenden Reise.
Maresa Fiege